Gleich mit wem ich spreche: Die Sehnsucht nach einem persönlichen Treffen, nach einem echten Gespräch oder einfach einem gemeinsamen Plausch beim Kaffee ist groß. Dennoch freuen sich alle darüber, viel weniger Kilometer auf der Autobahn, viel weniger Zeit in Zügen oder im Flieger zu verbringen. Für mich ist das ein echter Gewinn an Lebenszeit. Die Arbeit funktioniert „remote“ ganz hervorragend. Was klappt, was klappt nicht, was bleibt – ein ganz persönlicher Zwischenstand.

Homeoffice funktioniert. Bei uns und unseren Kunden. Auch wenn komplexe 3D-Berechnungen die Laptops unserer Kolleginnen und Kollegen an ihre Grenzen bringen und dafür die Workstation im Büro angeworfen werden muss, wir verbringen 90 Prozent unserer Zeit im Homeoffice. Das klappt. Kundengewinnung funktioniert ebenfalls online: Interessenten schicken E-Mails, rufen an oder nutzen die Kontaktformulare auf der Website. Alle wichtigen Informationen über unsere Arbeit findet man eh online. Insofern hat sich nichts geändert. Auch Workshops und Präsentationen haben wir digital mit ein wenig Kreativität und Anstrengung im Griff: Waren die Tools beim ersten Mal noch ungewohnt, hat sich ihre Nutzung schnell etabliert. Und manchmal habe ich den Eindruck, dass es einigen sogar leichter fällt, sich in Workshops einzubringen. Die digitale Distanz ist vielleicht sogar ein Vorteil für all jene, die sich beim persönlichen Treffen vielleicht nicht trauen.

Was nicht funktioniert, ist alles das, wo es auf die Haptik ankommt: Möbelbezugsstoffe, Wandverkleidungen, Putze oder Farben. Da kommt es auf‘s Anfassen an, auf den Geruch, auf das Gefühl beim Umgang mit dem Material. Das lässt sich digital nicht vermitteln. Dazu braucht es das persönliche Treffen. Auch die Arbeit und die Abstimmung auf der Baustelle mit den ausführenden Handwerkern lässt sich nur schlecht virtualisieren. Ob der Estrich „im Wasser ist“ oder doch gepfuscht wurde, kann unser Bauleiter nur vor Ort feststellen.

Bei allem Für und Wider, eines fällt mir auf: Der virtuelle Austausch wird immer persönlicher. Es gibt mehr und mehr Raum für Small-Talk, das Interesse der Gesprächspartner am Leben des jeweils anderen wird immer größer. Ein klares Indiz dafür ist für mich, dass man immer schneller beim „Du“ ist, das sofort Nähe herstellt. Ist das ein Ausdruck unserer Sehnsucht nach persönlichen Treffen oder schlicht der Gewöhnungseffekt an die digitalen Plattformen? Gleichgültig, entscheidend ist, dass es um den Menschen geht. Denn das ist das, was Spaß macht, die Arbeit mit und für andere Menschen.

Wie ist es bei Ihnen? Sind Sie schneller beim „Du“ als früher? Nutzen Sie die digitalen Workshoppausen für den persönlichen Austausch? Warten Sie nur darauf, dass persönliche Treffen beim Kaffee wieder die Regel sind? Oder kommen diese Gepflogenheiten gar nicht mehr zurück?

Bleiben Sie gesund,

Ihr
Michael Stüve