Von Michael Stüve

„Heizt Du noch oder pumpst Du schon?“ – Sie kennen diese Begrüßung unter wärmepumpenbesitzenden Häuslebauern? Das am vergangenen Freitag im Bundestag beschlossene Gebäudeenergiegesetz betrifft aber auch Nichtwohngebäude, also Büros. Was im Privaten seit Monaten für Verunsicherung sorgt, nimmt auch gewerbliche Immobilieneigentümer in die Pflicht. Dabei hat eine energetische Optimierung auch ohne staatliche Impulse schon vorher Sinn gemacht.

Energiesparen war im vergangenen Herbst und Winter schon das große Thema. Die stark steigenden Kosten für Energie haben viele Denkprozesse ausgelöst. Und die Lage ändert sich in den nächsten Monaten und Jahren wahrscheinlich kaum: Der Energiepreis – vor allen Dingen für fossile Energieträger – wird hoch bleiben oder steigen. Der Trend zu mehr Homeoffice führt zwar in der Summe dazu, weniger (zu beheizende) Flächen zu benötigen, dafür müssen diese Flächen mit anderen Anforderungen klimatisiert werden. Warum? Ganz einfach: In einem Büro habe ich über einen längeren Zeitraum eine konstante Zahl an Menschen, eine konstante natürliche Wärmelast. In einer Kommunikations- oder Kreativfläche habe ich wechselnde Besetzungen – mit stark schwankender Personenzahl, mit stark schwankendem Einsatz von elektronischen Geräten (Monitore, Laptops, Beamer etc.). Um diese Schwankungen auszugleichen, müssen Heizung oder Klimatisierung ständig nachjustieren – der Energieverbrauch ist ungleich höher als bei einer konstanten Last.

Und das Nachdenken darüber, wie das eigene Gebäude energetisch genutzt werden kann, ist heute sogar wirtschaftlich attraktiv. Ganz abgesehen von Fördermitteln kann die PV-Anlage auf dem Dach die Vollklimatisierung versorgen, ohne dass im Sommer Strom hinzugekauft werden muss. Denn anders als im Eigenheim ist der Stromverbrauch im Büro dann hoch, wenn draußen die Sonne scheint. Oder die PV-Anlage liefert Strom für die Elektro-Flotte auf dem Firmenparkplatz oder die eBike-Ladestationen für die Mitarbeitenden. Diese Beispiele rechnen sich schnell.

Aber wie so oft bei Planung und Bau: Komplexität und Wechselwirkungen erfordern einen interdisziplinären Ansatz. Das beginnt bei der Management-Entscheidung über die Remote-Quote oder der Entscheidung für ein Job-Rad-Angebot und die Notwendigkeit von Ladepunkten für die Räder. Und es endet lange nicht beim Energieberater, die die thermischen Grundlagen und Verbräuche errechnet. Es braucht einen Berater und Planer, der den Überblick behält. Damit die (wirklich sinnvolle) PV-Anlage auf dem einen Gebäude nicht ungewollte Lichtreflexe auf den Monitoren im anderen Gebäude hervorruft. Damit Wärmepumpe oder Splitgerät nicht zu akustischen Beeinträchtigungen im Büro führen. Damit die Integration in die Gebäudetechnik reibungslos funktioniert oder damit PV-Anlage und Akkus in Löschkonzepte eingebunden werden und nicht zu zusätzlichen Brandlasten führen. Das klingt komplex? Das ist es auch.

Aber wie bei jedem Planungsprozess mit HCD lassen sich auch hier die Wechselwirkungen identifizieren und ganzheitliche Lösungen planen und umsetzen. Und die sind dann langfristig tragfähig und vor allem wirtschaftlich.

Wahrscheinlich heißt es dann auch bald in den Vorstandsetagen: „Heizt Du noch oder pumpst Du schon?“ und man rechnet sich gegenseitig vor, was die energetische Optimierung der Arbeitsorte in Euro und Cent gebracht hat. Eine schöne Vorstellung.

Und wie schaut es bei Ihnen aus?

Herzlichst

Ihr

Michael Stüve